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FRAGEN ÜBER FRAGEN

Alles, was Sie schon immer über das Landheim wissen wollten, aber nicht zu fragen wagten

Passend zum Jubiläums-Jahr 2024: Vierundzwanzig Fragen ans Landheim und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die so noch niemand gestellt hat.

2024

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Fabian von Euw
Betriebsleiter Schreinerei

Die Ausbildung mässig motivierter dissozialer Jugendlicher kann doch eigentlich nicht wirklich eine befriedigende Tätigkeit sein. Wäre es nicht viel schöner, einfach nur ungestört Schränke und Tische produzieren zu können, Fabian von Euw?

Tatsächlich stelle ich mir diese Frage auch immer wieder und erschrecke dann, wie wenige rationale Gründe ich finde um weiterzumachen. Ebenso erschreckend ist allerdings, dass ich trotzdem bereits zwölf Jahre im Landheim bin. Bin ich zu bequem, einen neuen Job zu suchen? Oder bin ich selbst dissozial und fühle mich hier in guter Gesellschaft? Ist es die Kombination von Handwerk und Menschlichkeit? Ich weiss es nicht. Was ich aber weiss ist, dass ich meine Lernenden mag, dass ich mich freue, wenn sie am Morgen in der Werkstatt stehen, dass wir viel lachen und mir nie langweilig ist. Es ist wahr: Würde ich einfach nur ungestört Schränke und Tische produzieren, hätte ich wahrscheinlich ein paar graue Haare weniger. Aber ich finde, die stehen mir richtig gut!

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Nathalie Bartholomie
Lerterin Hauswirtschaft

Wo man hinguckt im Landheim: fast nur Männer. Die Wäsche machen aber wie in alten Zeiten die Frauen. Ist das nicht ein bisschen sehr letztes Jahrhundert, Nathalie Bartholomie? Ich meine - excuse me, it’s 2024!

Naja, dass die Wäsche bis heute meist von uns Frauen gemacht wird, liegt wohl daran, dass wir es einfach besser können. Wir arbeiten in den Hauswirtschaftskursen aber hart daran, dass die Jungs es ebenfalls erlernen, Spass daran bekommen und wer weiss, vielleicht braucht es uns dann eines Tages gar nicht mehr! Bis dahin zeigen wir euch aber gerne, wie es geht.

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Andy Ponczek

Wohngruppenleiter WG

Wenn früher ein Jugendlicher beim Kiffen erwischt wurde, gab es noch richtige Strafen. Heute scheint kaum noch etwas zu passieren. Ist das «Kuschelpädagogik» oder einfach «Laisser-Faire», Andy Ponczek?

Weder noch! Wir haben im Landheim ein modernes Suchtpräventionskonzept mit internen Grundregeln, die für alle uneingeschränkt gelten und von allen Mitarbeitenden getragen werden. Konsum, Besitz und Handel von Cannabisprodukten sind auf dem ganzen Landheim-Areal verboten. Werden Jugendliche dennoch erwischt, hat dies eine Busse zur Folge. Zusätzlich findet aber immer auch ein persönliches Gespräch über den Konsum mit dem Sozialpädagogen oder der Sozialpädagogin im Dienst statt. Es geht dabei – und bei vielen weiteren präventiven Massnahmen auch – um eine intensive, hartnäckige, ganzheitliche und nachhaltige Auseinandersetzung mit dem Substanzkonsum. Aus pädagogischer Sicht macht es nämlich keinen Sinn, das Heil ausschliesslich in der starren Einhaltung und Durchsetzung festgeschriebener Sanktionen und Massnahmen zu suchen.

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Levin Vollmer

Sozialpädagoge

Wie andere Jugendliche sind auch manche Landheim-Jungs am Morgen nur schwer aus dem Bett zu kriegen. Ist der Frühdienst auf der Wohngruppe der härteste Job im Landheim, Levin Vollmer?

Das Härteste an der Frühschicht ist für mich persönlich tatsächlich der frühe Beginn. Natürlich gibt es auch immer wieder mühsame Diskussionen mit Jugendlichen, ob man heute wirklich aufstehen muss, mit der Zeit lernt man aber, wie man darauf am besten reagiert. Und wenn alles nichts hilft, lassen wir es krachen: Die JBL EXTREME Musikbox auf voller Lautstärke haut so manchen Jugendlichen dann doch noch aus den Federn!

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Franz Erhardt

Ausbildungsleiter

Das Landheim platzierte ab 1946 als erstes halboffenes Heim möglichst viele Jugendliche in externen Lehren in Gewerbebetrieben der Region. Das galt als sehr fortschrittlich. Heute gibt es kaum noch externe Lehrlinge. Ist das Landheim heute statt fortschrittlich also rückständig, Franz Erhardt?

Ganz und gar nicht! Im Gegenteil. Das Landheim hat frühzeitig erkannt, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wohngruppen, Schule und Werkstätten für den Ausbildungserfolg sind und hat deshalb schon vor Jahren in die Modernisierung der Betriebe und in gut ausgebildete Arbeitsagogen investiert, damit wir unsere Jugendlichen bestmöglich unterstützen können. Selbstverständlich arbeiten wir auch weiterhin eng mit Partnerbetrieben zusammen. In externen Praktika können unsere Jugendlichen wichtige Erfahrungen im ersten Arbeitsmarkt sammeln und sind damit gut gerüstet für ihre Zukunft.

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Anina Bettinaglio

Sozialpädagogin

Es kommt immer mal wieder vor, dass Jugendliche «auf Kurve» gehen, also temporär ausbüxen. Wann würden Sie am liebsten davonlaufen, Anina Bettinaglio?

Wenn ich über einen langen Zeitraum keine Zeit für mich habe und nicht zur Ruhe komme, wäre ein Kurvengang tatsächlich manchmal verlockend. Früher hingegen hätte der Gedanke eine Party zu verpassen gereicht.

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Andreas Wagner

Pädagogischer Leiter

Schon Caspar Appenzeller schrieb vor über 100 Jahren: «Haben die Hauseltern und Gehülfen umsonst sich abgearbeitet? Wo sind die Früchte, wo, wo? Ist’s nicht ebensogut, wenn wir die Anstalt schliessen?» Weshalb hat das Landheim auch nach 150 Jahren noch keiner geschlossen, wo die Früchte doch so dürftig sind, Andreas Wagner?

Ich verweise bei der Suche nach den «Früchten» gerne auf ein Beispiel aus der Botanik. Wer einen Olivenbaum pflanzt, muss viel Geduld mitbringen: Es dauert bis zehn Jahre, bis der Baum seine ersten Früchte trägt. Weitere zehn bis fünfzehn Jahre, bis sich der Ertrag an Oliven lohnt. In dieser Zeit entwickelt der Baum ein Wurzelwerk, welches über zehn Meter weit greift und über fünf Meter tief in den Boden reicht. Mit anderen Worten: je älter ein Baum, desto reicher der Ertrag. Deshalb: Üben wir uns in Geduld!

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Davide Cringoli

Sozialpädagoge

Am Wochenende ist der Betrieb auf den Wohngruppen reduziert, weil viele Jugendliche nach Hause gehen. Fühlt sich ein Wochenend-Dienst tatsächlich ein bisschen nach Wochenende an, Davide Cringoli?

Absolut! Manchmal hat man sogar ein paar Minuten ganz für sich selbst. Eine kleine Verschnaufpause, bevor schon wieder die nächste Herausforderung wartet!

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Heiner Barkminn

Arbeitsagoge Trainings- und Orientierungswerkstatt (T&O)

Neu eintretende Jugendliche arbeiten in der Startphase bei Ihnen in der T&O und machen Holz- und Metall-Arbeiten. Diesen Jugendlichen fehlt es oft noch komplett an Struktur, Ausdauer und Motivation. Haben Sie den härtesten Job im Landheim, Heiner Barkminn?

Jeder Jugendliche, der in die T&O kommt, ist eine individuelle Persönlichkeit mit eigener Vorgeschichte. An uns liegt es, auf jeden individuell einzugehen, ein offenes Ohr zu haben, zu motivieren und den Jugendlichen an einen strukturierten Arbeitsalltag heranzuführen. In der T&O können wir ein breites Spektrum an Arbeiten anbieten, neben Metall und Holz verwenden wir zum Beispiel auch Ton oder Papier und machen begleitete Projektarbeiten. Und wenn im Verlaufe des Tages die Luft einmal raus sein sollte, gehen wir nach draussen, ins Waldhaus oder zur Bienenhütte. Ob wir den härtesten Job haben? Auf jeden Fall ist er anspruchsvoll, abwechslungsreich, kreativ und fordernd. Nicht immer einfach, aber immer spannend!

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Jim

Landheim-Hund

Täglich musst du mit deinem Frauchen ins Landheim trotten und dort im Sekretariat ausharren, bis endlich der Feierabend da ist. Ist das nicht ein Hundeleben, Jim?

Der tägliche Spaziergang ins Landheim ist tatsächlich manchmal frustrierend. Vor allem weil Frauchen dann immer etwas ungeduldig mit mir ist. Warum muss sie auch immer bereits um Punkt halb acht im Geschäft sein? Dabei gäbe es auf dem Weg dahin jeweils noch so viel für mich zu tun! Einmal angekommen, ist es aber überhaupt nicht langweilig. Vor allem dann nicht, wenn meine grosse Liebe Kiki ebenfalls Bürodienst hat. Dann geht die Post ab und ich muss schauen, dass ich in Sachen Ausdauer mithalten kann. Natürlich gibt es immer wieder Phasen, in denen ich stundenlang ruhig liegen soll. Diese verkürze ich mir, indem ich unvermittelt und für Frauchen nicht nachvollziehbar einen Eindringling kurz anbelle. Ich werde dann zwar ausgeschimpft, aber das ist der Spass wert. Am allerliebsten aber mag ich, wenn Frauchens Chef mir mal wieder sagt, dass ich der Schönste und Beste bin. Ein echter Kenner, dieser Sascha! Am Abend darf ich auf dem Heimweg endlich doch noch nach Herzenslust schnuppern und trödeln. Aus irgendeinem Grund ist Frauchen dann viel entspannter. Wuff, verstehe einer diese Menschen …

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Sascha Rittel

Gesamtleiter

Das Landheim hat ein Jahresbudget von CHF 5.2 Mio. Diesen Sommer bekommen gerade mal drei Jugendliche ihr Lehrabschluss-Diplom. Pro Lehrabschluss kostet das den Steuerzahler also CHF 1.7 Mio. Ist das nicht ein bisschen viel, Sascha Rittel?

Das klingt tatsächlich auf den ersten Blick nach viel. Wenn man aber bedenkt, dass zeitgleich 24 Jugendliche betreut werden, und zwar während 365 Tagen rund um die Uhr, relativiert sich diese Zahl ganz schnell. Korrekterweise müsste der Betrag demnach durch 24 geteilt werden. Wenn man dann noch gegenrechnet, wieviel die Lehrabschlussabsolventen später durch Erwerbstätigkeit an weiteren Sozialkosten einsparen bzw. an Steuergeldern entrichten, wird ein Ausbildungsheim direkt zum Kassenschlager. So oder so ist es sinnvoll, dass ein Sozialstaat Jugendlichen mit schwierigen Lebensgeschichten die notwendige Unterstützung zukommen lässt, ohne dass man gleich mit dem Taschenrechner in der Hand nach den Kosten fragt.

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Dr. Andreas Andreae

Psychiater

Sie begleiten das Landheim seit bald 20 Jahren als Psychiater. Haben sich seither nur die Zeiten geändert oder auch die Jugendlichen, Andreas Andreae?

Beides hat sich verändert! Heute unterzieht sich fast jeder im Landheim einer internen oder externen Therapie. Vor zwei Jahrzehnten betraf es kaum die Hälfte. Damals galt es als uncool, mit Problemen den Psychiater aufsuchen oder gar eine Pille schlucken zu müssen. Heute schämt sich kaum noch einer, holt sich vielleicht sogar Wissen aus dem Netz und fordert mitunter ein Medikament selbst ein. Damals befasste sich der Psychiater vorab mit Depressionen, Ängsten und Krisen aus häuslichen oder sozialen Missständen und Konflikten. Oder mit emotionaler Unruhe, Blockaden, Aggressionsimpulsen und Drogenkonsum in adoleszenten Wirren. Heute bestimmen zusätzlich mächtige Trends aus dem globalen Wandel die Therapien und erreichen fast jeden: quälende Mobbingerfahrungen in Schule und Internet, Medien- und Gamesucht mit Tag-Nacht-Umkehr, Verschwörungstheorien und Fanatismen übers Smartphone, Migrationsschicksale mit Kulturclashs und hämmernden Traumatisierungen. Diagnosen einer Aufmerksamkeits- oder Persönlichkeitsstörung werden heute zahlreich vergeben und gelten bei so manchem Betroffenen gar als schick. Auch das persönliche und professionelle Umfeld denkt heute behandlungsorientierter. Jugendanwaltschaften setzen häufig auf deliktorientierte Behandlungen. Im Landheim ist eine enge Interdisziplinarität zwischen Pädagogik und Psychiatrie heute Standard.

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Nazim Basha

Nachtwächter

In Ihren 23 Jahren als Nachtwächter haben Sie sicher viel erlebt. Welche Geschichte werden Sie noch Ihren Enkeln erzählen, Nazim Basha?

Und ob ich schon viel erlebt habe! Zum Beispiel musste ich schon betrunkene Jugendliche von der Wiese ins Bett tragen. Sowas ist aber zum Glück selten, öfters kommt es hingegen vor, dass Jungs nachts im Zimmer Party machen. Wenn ich dann höre: «Achtung, Nazim kommt!», braucht es ein gutes Gespür für die Stimmung und ich schaue, dass es nicht eskaliert. Langweilig wird es nachts jedenfalls nie. Man muss immer wachsam sein, und wenn sich etwas bewegt, bin ich da!

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Gabriela Schwarz

Personalverantwortliche

Vermutlich dürfte die Personalfluktuation in einem Jugendheim gigantisch sein. Wie viele Kündigungen landen jeden Monat in Ihrem Postfach, Gabriela Schwarz?

Davon ging ich bei meinem Stellenantritt vor rund einem Jahr ebenfalls aus. Tatsächlich aber ist die Fluktuation im Landheim erfreulich tief. So hatten wir im vergangenen Jahr gerade mal vier freiwillige Austritte von Mitarbeitenden zu verzeichnen. Mit freiwillig sind Kündigungen gemeint, die nicht auf eine natürliche Fluktuation wie beispielsweise Pensionierung oder eine befristete Anstellung zurückzuführen sind, sondern vom Mitarbeitenden selbst ausgehen. Das ergibt für 2023 eine Fluktuationsrate von 8.5%. Ein hervorragender Wert! Damit, man rechne, landet im Schnitt gerade mal alle drei Monate eine Kündigung auf meinem Schreibtisch.

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Andreas Wagner

Pädagogischer Leiter

Ihren Nachnamen «Wagner» teilen Sie mit dem letzten Heimleiter, der in den 1920er- und 1930er-Jahren noch Körperstrafen gegen Jugendliche verhängte und diese auch gleich selber vollzog. Seine Strafen galten als drakonisch, er selber als ausgesprochen gottesfürchtig. Wie viel «Wagner» steckt in Ihnen, Andreas Wagner?

Bezüglich der drakonischen Körperstrafen und deren Vollzug bestehen zum Glück keinerlei Gemeinsamkeiten. Auch bezüglich Gottesfürchtigkeit kann ich im direkten Vergleich wohl nicht mithalten. Ganz abgesehen von unserem Namen bin ich aber froh, dass sich die pädagogischen Ansichten und Konzepte in den vergangenen 100 Jahren stark gewandelt haben. Wenn man sich vor Augen führt, dass Prügelstrafen damals gang und gäbe waren und noch dazu gesellschaftlich breit akzeptiert! Heute glücklicherweise völlig undenkbar.

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Mehmet Yilmaz

Sozialpädagoge

Aus allen Institutionen hört man die Klage: Bürokratie und Aufwand für Dokumentation etc. nehmen zu. Muss ein guter Sozialpädagoge heute vor allem eine effiziente Schreibkraft sein, Mehmet Yilmaz?

Klar ist effizientes Dokumentieren wichtig! Das ermöglicht die Rückverfolgung von Fortschritten und dient auch der rechtlichen Absicherung von Entscheidungen und Handlungen. Die Hauptaufgabe eines Sozialpädagogen ist und bleibt aber, mit Menschen zu arbeiten, ihre Bedürfnisse zu verstehen und Unterstützung zu bieten. Im Zentrum stehen die Jugendlichen, nicht der PC!

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Andreas Diethelm

Sozialpädagoge

Sicher geht es bei Ihrer Arbeit auf der Wohngruppe öfters mal hoch zu und her. Wie kommen Sie dann wieder runter, Andreas Diethelm?

Zum Glück ist das Landheim sehr schön gelegen. Ein kurzer Spaziergang hilft in Regel den Kopf frei zu bekommen und die Gedanken neu zu sortieren. Und wenn das nichts nützt, gibt’s ja noch den Wohngruppenkiosk. Ein kleiner Snack wirkt Wunder!

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Erich Arnhold

Ausbilder Metallbau

Als Metallbauer montieren Sie regelmässig bei externen Kunden Geländer etc. aus Landheim-Produktion. Wann haben Sie sich dabei das letzte Mal für das Verhalten Ihrer Jugendlichen geschämt, Erich Arnhold?

Nun ja, klar kann das mal vorkommen, aber das ist wirklich lange her! Bei Kundschaft sind unsere Lehrlinge fast immer freundlich und respektvoll. Die Montage schätzen sie als kurze Auszeit vom Landheim-Groove – da will doch keiner negativ auffallen!

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Marie-Hélène Vielle

Sozialpädagogin

In Ihrer Arbeit haben Sie es mit jungen Männern zu tun, die voll im Saft stehen. Ist man da als Frau nicht von Anfang an auf verlorenem Posten, Marie-Hélène Vielle?

Auf verlorenem Posten? Gehört nicht zu meinem Wortschatz! Für mich ist entscheidend, mich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren und meine Fähigkeiten selbstbewusst einzusetzen. Dann spielt das Geschlecht – auch in der Zusammenarbeit mit jungen Männern – nun wirklich keine Rolle.

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Natalia Maag

Sozialpädagogin

Nach vielen Arbeitsjahren in der Sozialpädagogik im Landheim haben Sie in die Schulsozialarbeit gewechselt. Nicht lange darauf sind Sie wieder ins Landheim zurückgekehrt. Warum kommen Sie einfach nicht los vom Landheim, Natalia Maag?

 Aus verschiedenen Gründen. Zum einen sagte mir das schulische Umfeld und damit verbunden das Alter der Kinder nur bedingt zu. Auch das tiefe Arbeitspensum war unbefriedigend. Am meisten aber fehlte mir das Team, der Austausch und die Sicherheit, aufgefangen zu werden. Als Schulsozialarbeiterin war ich mehrheitlich auf mich allein gestellt. Da liegt auch der Schlüssel: Es sind die Menschen, die Arbeitskolleg*innen und die Jugendlichen, welche das Landheim ausmachen und dafür sorgen, dass ich immer wieder gerne zurückkehre. Aber natürlich waren auch Aspekte wie Sozialleistungen und Entlöhnung ausschlaggebend für meine Rückkehr. Ganz sooo idealistisch bin ich dann doch nicht.

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Samuel Egli

Lehrer interne Schule

Sie unterrichten in Lerngruppen von einem bis drei Jugendlichen. An der Volksschule können die Lehrpersonen von solchen Bedingungen nur träumen. Haben Sie sich den «Schoggijob» vom Landheim geangelt, Samuel Egli?

Tatsächlich werde ich rundum beneidet. Aber gerade, weil viele unserer Jugendlichen im klassischen Schulsystem ihre Mühe hatten und eine engmaschigere Begleitung benötigen, macht dieser Personalschlüssel Sinn. So sind wir in der Lage, intensiver und individueller an lebens- und berufsnahen Inhalten zu arbeiten und der Faktor «Ablenkung» kann deutlich besser kontrolliert werden. Den «Schoggiaspekt» sehe ich also vor allem in der intensiveren und erfolgreicheren Zusammenarbeit mit den Jugendlichen im Vergleich zur Regelschule.

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Roland Spörri

Koch und Ausbilder Küche

Montags kommen jede Woche konsequent Pommes frites auf den Tisch. Mögen Sie Abwechslung nicht so, Roland Spörri?

Mit Verlaub: Ich liebe Abwechslung! Weil die Jungs am Montag manchmal aber etwas Anlaufschwierigkeiten haben, machen wir wenigsten zum Zmittag etwas, was sie gerne mögen: Pommes! Die lieben übrigens auch die Mitarbeiter! Und um für Abwechslung zu sorgen bleiben mir ja zum Glück noch der Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

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Sascha Rittel

Gesamtleiter

Die Leitung des Landheims ist seit 150 Jahren in Männerhand. Bleibt das auch in den nächsten 150 Jahren so, Sascha Rittel?

Hoffentlich nicht! Heute ist es wohl eher Zufall, da glücklicherweise die althergebrachten patriarchalischen Strukturen in Heimen schon vor vielen Jahren zerschlagen wurden. Ausserdem beweisen viele meiner Berufs-Kolleginnen, dass die erfolgreiche Leitung einer Institution absolut keine Frage des Geschlechts ist.

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Franz Erhardt

Ausbildungsleiter

«Müde, abgearbeitet und gedrückt von den Sorgen um die Zöglinge und deren Beschäftigung, legten im September die Hauseltern Enz nach siebenjähriger treuer Arbeit ihr Amt nieder», schrieb Caspar Appenzeller Ende 1881. Sie sind schon über 20 Jahre im Landheim. Wie lange halten Sie eigentlich noch durch, Franz Erhardt?

Müde und abgearbeitet fühle ich mich mit 63 noch lange nicht und die zwei Jahre bis zur Pensionierung schaffe ich auch noch locker!

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