KRISE!
Chaos, Misstrauen und schlechte Presse
1996 übernimmt mit Alexander K.* ein Psychologe die Heimleitung. Der Neue kommt mit grossen Plänen. Was in der Theorie gut klingt, scheitert in der Praxis krachend.
* Wir verzichten auf die Nennung des vollständigen Namens, weil der Abgang von Alexander K. im Unfrieden erfolgte.
Wie das Landheim in seine grösste Krise schlittert
Die langjährigen Mitarbeiter Luigi Rigamonti (Sozialpädagoge), Beat Betschart (Schreinermeister) und Chris Clausen (Gesamtleiter 2000-2018) erzählen die Geschichte der Krisenjahre 1996 - 1999 nach.
1996
Auf zu neuen Ufern!
Er kommt als neuer Leiter mit grossen Visionen und besten Absichten: Alexander K. will das Landheim mit komplett neuen Ansätzen in der Pädagogik auf ein völlig neues Niveau bringen. Ihm schwebt ein regelrechter Quantensprung in Sachen Professionalität vor. Die zentrale Figur in der neuen Ausrichtung ist der amerikanische Psychologe Carl Rogers, nach dessen Theorien «personenzentriert» gearbeitet werden soll.
Es wird viel investiert. Das Landheim gibt sich in einem von aussen moderierten aufwändigen Prozess ein neues Leitbild, das die gesamte Belegschaft gemeinsam erarbeitet und das alle mittragen sollen. Weiterbildungen vermitteln ein neues Menschenbild, der Blick auf die Klienten verändert sich. Strukturen und Abläufe werden durchleuchtet, hinterfragt und neu ausgerichtet. Dies alles soll in einer Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens passieren. So schreibt das Alexander K. Es herrscht Aufbruchstimmung im Landheim.
Doch als sich erste Schwierigkeiten zeigen, beginnt die Sache aus dem Ruder zu laufen.
Neue Leitung, neue Ansätze:
Aufbruchstimmung im Landheim
1997
1998
Hinter den Kulissen beginnt es zu brodeln
In der Praxis bewähren sich die neuen Konzepte kaum. Vor allem in den Betrieben zeigt sich ein eklatanter Leistungseinbruch bei den jugendlichen Auszubildenden. Die Jungs gehen nur noch nach dem Lustprinzip zur Arbeit. Wer nicht arbeiten mag, wird nicht gezwungen. Man setzt auf die Selbstkräfte der Jugendlichen und wartet darauf, dass sie ihre Motivation intrinsisch finden.
Die alarmierten Ausbilder üben Kritik an der Leitung und ihren Konzepten. Doch Alexander K. wischt die Einwände vom Tisch. Es beginnt zu gären. Die Stimmung kippt.
Alexander K. reagiert seinerseits mit Kritik an der pädagogischen Fachlichkeit gewisser Mitarbeiter. Manche von ihnen könnten «die hohen Erwartungen nicht erfüllen». Trennungen seien unausweichlich. Verunsicherung und Misstrauen halten Einzug.
Und dann tritt auch noch die Presse auf den Plan.